Bericht über die Abnahme der
neuen Orgel in der Kirche „Zur Ehre Gottes“ in
Bernsbach.
Nach
jahrelangen Planungen und Überwindung vieler
Schwierigkeiten konnte der Orgelneubau in der
Bernsbacher Kirche durch Fa. Wünning / Großolbersdorf
zum Jahresende 1999 realisiert werden. Am 3.12.99 habe
in Gegenwart von Herrn Pfarrer Lißke, Mitgliedern des
Kirchenvorstands, Herrn KMD Rademann und Herrn
Orgelbaumeister Wünning das fertige Instrument
abgenommen.
Hinter den historischen
Trampeli-Prospekt, der weitestgehend von den seitlichen
Anbauten befreit, mit neuen Seitenwänden ergänzt und
farblich neu gefaßt wurde, kam ein zweimanualiges Werk
mit 18 Registern. Lange ging es ja darum, ob aus
finanziellen Gründen ein zweimanualiges Instrument möglich
sei, oder ob man sich mit einem einmanualigen bescheiden
müsse. Umso schöner, daß es nun doch zwei Manuale und
damit ungleich größere Klangmöglichkeiten geben
konnte.
Die Platzvorgaben durch das alte
Gehäuse machten eine ökonomische Disposition
notwendig, bei der 3 Transmissionen vom Hauptwerk ins
Pedal und 2 Vorabzüge die klanglichen Möglichkeiten
erfreulich ausweiten. Geplant war die Übernahme
verschiedener Register aus der alten Orgel. Das konnte
nicht im vorgesehenen Umfang geschehen, da sich die
alten Metallpfeifen aufgrund ihrer Bauart als nicht
geeignet für das jetzige Klangkonzept erwiesen.
Mehrkosten für die neu zu fertigenden Pfeifen hat Herr
Wünning erfreulicherweise nicht berechnet. Da die neue
Orgel sich am spätbarock-frühromantischen Klangideal
mit satter Grundtönigkeit orientieren sollte, war
leider auch das schon vorhandene neue Register Fagott 16‘,
das in ein orgelbewegtes Instrument gepaßt hätte,
nicht verwendbar. Durch das Weglassen des ursprünglich
vorgesehenen Schwellers und weil Herr Wünning das
vorhandene Register übernommen hat, konnten die
Mehrkosten für ein neues Fagott in entsprechender
Mensur mit Holzbechern in Grenzen gehalten werden. Bei
der Abnahme zeigte sich, daß es eine gute Entscheidung
war. Abweichend zum Kostenanschlag ist statt einer Oboe
8‘ im Oberwerk eine Vox humana 8‘ eingebaut worden,
die stilistisch besser paßt. So ist mit viel
Überlegungen und in guter Zusammenarbeit eine Orgel
entstanden, die sich im Klang auf das alte
Trampeli-Gehäuse bezieht und doch ein modernes
Instrument mit vielfältigen Klangmöglichkeiten ist.
Der Blick auf die
Spielanlage, die ebenfalls bestens mit dem alten Gehäuse
harmoniert, und ins Orgelinnere läßt eine Qualität
des Materials und der handwerklichen Verarbeitung
erkennen, wie sie erfreulicherweise bei guten Firmen
Standard geworden ist. Bei der Konstruktion stellten
sich Herrn Wünning viele Probleme, um die Anlage
technisch schlüssig, übersichtlich und leicht zugänglich
zu gestalten. Er hat sie mit viel Phantasie und kreativ
gelöst. So freut man sich über zahllose Details, von
denen hier einige wahllos aufgezählt werden sollen: die
liegenden Ventile der Pedallade, die gute Zugänglichkeit
bei tiefer Lage der Lade ermöglichen; die besondere Art
der Ventilaufhängung in den Manualladen und die
Balanciers für die Transmissionen; das Fagott hat in
der großen Oktave eigene Ventile, danach Schiede; die
Windeinführung von der Balganlage, die über der Orgel
steht, ist so unauffällig und geschickt gemacht, daß
man sie erst auf den dritten Blick bemerkt; alle
Kondukten sind aus Bleirohr; der Stimmgang ist 3fach
geteilt mit geräumiger Werkzeugablage; die gezinkten
Trompetenraster sind eine Augenweide, wie auch das ganze
Pfeifenmaterial; die Leiter ins Obergehäuse hat ein
Schutzbrett, damit die Farbe des Gehäuses nicht beschädigt
wird, und Dübel, mit denen sie sicher einrastet....
Die Orgel ist bis ins
Letzte durchdacht und gut zu warten.
Am Spieltisch findet
man sich gleich zurecht und hat eine angenehme
Sitzposition. Die Registerzüge mit schönen
Porzellanschildern sind in geschrägten Staffeleien
sinnvoll angeordnet und liegen gut zur Hand. Sie passen
so gut zum alten Gehäuse wie die schönen geschmiedeten
Schlösser und Beschläge.
Die Traktur spielt
sich ausgesprochen angenehm: nicht zu schwer- und nicht
zu leichtgängig, mit nicht zu starkem Druckpunkt ist
sie elegant und sensibel und ermöglicht eine
differenzierte Artikulation. Man muß dabei berücksichtigen,
daß hier aus technischen Gründen keine aufgehangene
Traktur möglich war, wie man sie heute vielfach als
unabdingbar für eine gute Spielart hält. Die
Bernsbacher Traktur beweist, daß eine gute Konstruktion
und sauberste Ausführung wesentlich sind und alles
andere zum guten Teil Ideologie ist.
Die Qualität des Pfeifenwerks, das
großenteils aus Wünningscher Werkstatt stammt, wurde
schon erwähnt. Die Intonation ist mit Sorgfalt und
Einfühlung vorgenommen. Überzeugend sind die
Prinzipale mit sonorem und geschmeidigem Klang.
Prinzipal 8‘, teilweise im Prospekt stehend, ist ein
ausgesprochen schönes Klangfundament für das Werk. Die
Mixturen bringen Glanz und Schärfe, ohne aufdringlich
zu werden. Die Plena der beiden Manualwerke
unterscheiden sich charakteristisch und sind
gleichwertig. Durch Prinzipal 4‘ bekommt auch das
Oberwerk die nötige Gravität. Sehr schön sind alle
drei Zungenregister gelungen, die sowohl als Solostimmen
wie auch im Pleno zu verwenden sind ( letzteres bei der
Vox humana nur bedingt ). Es muß noch einmal
hervorgehoben werden, wie richtig es war, ein neues
Fagott 16‘ zu bauen. Farbig, charaktervoll und gut
mischfähig sind die Flötenregister und Aliquote. Daß
die Übernahme alter Register ein gewisses Risiko
darstellt, zeigt sich auch hier: während die
Pedalregister Subbaß 16‘ und Oktavbaß 8‘ so
aufgearbeitet werden konnten, daß ein befriedigendes
Klangergebnis entstand, ist das bei den Tönen C - H des
Bordun 16‘ nicht in gleicher Weise gelungen. Die
Qualität der alten Holzpfeifen hat eine ausgeglichene
Intonation ohne Rauschen und mit präziser Ansprache
nicht zugelassen. Da das Register in dieser tiefen Lage
gewiss nicht solistisch eingesetzt wird, ist der Mangel
nicht weiter störend, und die Feststellung bedeutet
auch keine Kritik an der Wünningschen Arbeit.
Viel zu wenig im Bewußtsein
der Musiker ist der Einfluß der Temperierung auf
Lebendigkeit und Farbigkeit des Orgelklangs. Für die
Bernsbacher Orgel wurde in Absprache zwischen Orgelbauer
und Sachverständigem eine wohltemperierte Stimmung nach
F.A. Vallotti gewählt, die stilistisch in die
Trampeli-Epoche paßt und so gemäßigt ist, daß alle
Tonarten ohne Einschränkung gebraucht werden können.
Das Ergebnis bestätigt, wie wichtig dieser Parameter für
das klangliche Erscheinungsbild einer Orgel ist, wie
sehr er gerade bei einem relativ kleinen, noch dazu
historisch orientierten Instrument zur Belebung des
angeblich starren Orgelklangs beiträgt.
Die Windversorgung
ist einwandfrei, die Orgel bekommt in allen, auch
extremen Situationen ausreichenden, stoßfreien Wind.
Die Stimmung war, trotz der zur Zeit der Abnahme wenig
stabilen winterlichen Temperaturverhältnisse, gut.
Mit der Bernsbacher
Orgel hat die Fa. Wünning einen neuen Beweis ihrer
Leistungsfähigkeit und Kunstfertigkeit geliefert. Sie
hat ihre vertraglichen Verpflichtungen erfüllt und darüberhinaus
nicht unerhebliche Mehrleistungen erbracht. Man sieht
und merkt der Orgel an, daß sie nicht nur mit
fachlichem Können, sondern auch mit Liebe und
Engagement gebaut wurde.
Die Abnahme erfolgt
ohne Vorbehalt.

Thurm, den 25.9.2000
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